Dominikanischer Sonntag

Kurz ein paar Sachen besorgen, dann an den Strand und später den Tag am Pool und bei einem Abendessen mit Freunden ausklingen lassen. Klingt nach einem Plan. In der Praxis sieht das dann so aus:
Am Vorabend hatten wir mit unserer Bekannten Anna-Maria beschlossen, dass wir abends Sancocho machen wollen. Sancocho ist ein Eintopf und gehört zu den dominikanischen Nationalgerichten. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er mit einer Vielzahl landestypsicher Gemüsesorten und bis zu sieben Fleischsorten zubereitet wird. Dadurch ergibt sich, dass das kein Essen ist, welches man mal für eine kleine Familie kocht, sondern dass es sich nur lohnt, wenn man eine größere Anzahl an Mitessern hat. Der Plan war, einen Eintopf für 15 Personen zu kochen. Man weiß ja nie. Anna-Maria hat zugesagt, die Zutaten zu besorgen und um 17 Uhr zum Kochen zu uns zu kommen.

Um 10 Uhr fahren wir erst mal nach Abreu, um Pablo anzuholen, der ab heute bei uns sein wird. Danach müssen wir wieder zur Villa zurück, um das Fleisch, das Anna-Maria besorgt hat (3 Hühner und ein paar Kilo Schweinefleisch), in unserem Kühlschrank zu deponieren. Danach fahren wir in den Supermarkt, um ein paar Sachen zu besorgen. Leider finden wir auch in den nächsten fünf Läden die Wäscheleine, die in unserer Villa fehlt, nicht. Als wir am Strand ankommen, ist es schon 12 Uhr.

Sonntags am Strand

Der Sonntag ist auch für die Dominikaner der klassische Strandtag. Wir sind daher schon vor vielen Jahren dazu übergegangen, nicht mehr defensiv nach einer ruhigen Ecke zu suchen, sondern uns offensiv in Getümmel zu stürzen. Die Playa in La Entrada war dafür am besten geeignet. Man kann mit dem Auto samt Kühlbox, Stühlen, Dominotisch und was auch immer bis an den Strand fahren. Alles, was dann noch fehlt, kann man dort bekommen. Musik gibt es gratis aus verschiedenen Autos. An die Mischung muss man sich halt gewöhnen.
Was wir an diesem Tag vorfinden, haben wir aber nicht erwartet. Irgendwer muss überall erzählt habe, dass so ein Sonntag am Strand eine sehr lustige Sache ist und jetzt kommen alle hier her. Alle. Es stehen mindestens 50 Reise-, Schul- und sonstige Busse dort, der restliche befahrbare Platz ist mit Autos weitgehend belegt. Wo vor drei Jahren vielleicht 200 Leute waren, tummeln sich jetzt mindestens 2000.

Wir haben dann immerhin noch einen Platz im Schatten gefunden und uns Tisch, Stühle und etwas zu essen kommen lassen. Trotz vieler Algen aufgrund des stürmischen Wetters in den letzten Tagen gab es einige Stellen, an denen man gut baden konnte und wo Vincent die schönen Wellen genossen hat.

Irgendwann zogen ziemlich schnell dunkle Wolken auf und wenn wir nicht noch auf die Rechnung hätten warten müssen, hätten wir es – anders als die meisten anderen – noch trocken ins Auto geschafft.

After-Beach-Party

Ebenso traditionell wie der Strandrummel am Sonntag ist für uns die „After-Beach-Party“ am Sonntag. Ohne viel Vorbereitung einfach ein paar Leuten Bescheid sagen, dass es Essen und Trinken gibt und abwarten, wer kommt.

Diesmal war ja Sancocho geplant. Wie so ein Eintopf zu Stande kommt, will ich hier etwas ausführlicher schildern.

Das Fleisch war ja schon da. Für die übrigen Zutaten sind Anna-Maria und Pablo um 15 Uhr nach Cabrera zum Gemüsehändler gefahren. Eine gute Stunde später konnte ich sie mit den Einkäufen und einem XXXL-Topf (nach meiner Berechnung ca. 25 Liter) einsammeln. Zuerst mussten wir aber noch zu Anna-Maria fahren und in ihrem Garten eine halbe Staude Kochbananen ernten, was an einem Abhang mit 45° Neigung ziemlich sportlich ist. Auf die Brotfrucht mussten wir diesmal verzichten, da gerade niemand zu finden war, der sie vom Baum holen konnte. Ansonsten war aber so ziemlich alles da, was man braucht, ich aber zum Teil weder auf deutsch noch auf spanisch benennen kann. Kochbananen, Yukka, Yautia („Goldnarbe“?), Jamswurzel und ich weiß nicht was.

Nach der Ernteaktion sind wir also zurück zur Villa gefahren und haben auf dem Weg noch eine Freundin von Pablo abgeholt. Zusammen mit Anna-Marias Tochter Diani und Babette konnten sich die vier Frauen also um ca. 17:30 Uhr schon mal um das Gemüse kümmern. Weitere Unterstützung kam dann in Form der Mutter von Anna-Marias Freund, die dann noch ihre Tochter und ihren jüngeren Sohn mitbrachte. Zusammen mit Anna-Marias kleinster Tochter und Seo, meinem früheren Angestellten, kamen wir somit auf 13 Personen (also ziemlich nah an den geplanten 15).

Das Gemüse muss geschält werden und die Hühner (Suppenhuhn wäre jetzt eine Beleidigung für „Gallina Criolla“) werden vorgekocht.

Um ca. 18:00 stellt sich zum ersten Mal die Frage, wo der riesige Topf zum Einsatz kommen soll. Auf 4 der 6 Flammen des Gasherds oder auf dem Grill im Garten (für den noch das Brennholz fehlt)? Da gerade wieder eine Regenwolke naht, fällt die Entscheidung für die Küche.

18:30 Uhr: In der Küche steigt die Temperatur auf über 40°C. Die Regenwolke ist weg. Seo versichert, dass es über Brennholz schneller geht als auf Gas.


18:35: Wir fahren zu dem Typ „gleich hier vorne“, der normalerweise Schweine grillt und daher immer Brennholz hat.
Kurzer Exkurs zum Thema Brennholz: Das einzig wahre Brennholz ist das „Pinion“ (bestimmt falsch geschrieben). Das sind die Bäume, die genutzt werden, um Weidezäune zu setzen. Man nimmt Äste des Baums und schlägt sie ein, befestigt den Stacheldraht daran und dann werden diese Äste weiter wachsen, einen dicken Stamm entwickeln und oben mit neuen Ästen austreiben, aus denen man neue Zaunpfähle machen kann. Das Holz aus diesen Stämmen ist sehr hart und brennt sehr gut. Nur damit kann man ein anständiges Spanferkel grillen.
18:45: Der Typ ist nicht da. Vielleicht ein Stück weiter bei seiner Mutter.
Auch nichts. Wir fahren noch etwas weiter, Seo hat noch eine Idee, etwas weiter die Straße hoch. Ebenfalls nichts. Aber der Nachbar. Der ist zwar nicht da, aber er hat Brennholz. Seo lässt über den Sohn des Mannes schöne Grüße ausrichten und kommt mit einer Ladung Brennholz auf der Schulter zurück.
Auf dem Rückweg kommen wir an einem Colmado (Kiosk/Tante-Emma-Laden) vorbei und entscheiden, noch etwas Bier zu holen. Der Besitzer des Brennholzes ist auch da und freut sich darüber, ein Bier ausgegeben zu bekommen.
19:10: Mit viel Anzünder wird das Holz zum Brennen gebracht. Der große Topf steht noch auf dem Gasherd.
19:30: Das Essen sollte eigentlich seit einer halben Stunde fertig sein. Der große Topf zieht auf das Holzfeuer um.
Im weiteren Verlauf des Abends rührt jeder, der daran vorbeikommt, mal ordentlich den Topf um.

20:30: Ich stelle die Theorie auf, dass die Hälfte der Leute betrunken sind, bis das Essen fertig ist und die andere Hälfte bereits schläft.

21:00: Es fehlen Suppenwürfel. Ohne die geht nichts. Also wird jemand mit dem Motorrad zum Colmado geschickt, um Suppenwürfel zu holen. Die gehören zum Glück zur Standardausstattung und sind überall fast rund um die Uhr zu bekommen.
21:15: Fast fertig

21:30: Nur noch einen kleinen Moment
21:45: Es gibt Sancocho!
Die Menge war doch mehr als genug. Der Wachmann hat noch eine Portion abbekommen, ebenso die Putzfrau für sich und ihre Familie. Und unsere Gäste haben noch alle verfügbaren Vorratsdosen mit Eintopf mitbekommen. Und wir haben am nächsten Tag noch mal davon gegessen. Danach war immer noch etwas da. Es war also doch eher etwas für 40-50 Personen als für 15.

So ein Tag ist ein gutes Beispiel dafür, was so besonders ist an diesem Land. Es gibt viel zu kritisieren, aber es ist auch kaum irgendwo so einfach, spontan zusammenzukommen und eine gute Zeit zusammen mit anderen Leuten zu haben.

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